Warum verlieben wir uns immer in den falschen Partner?

Ingo Göbel • 1. Dezember 2025

Muster erkennen und durchbrechen

Kennst Du das? Du bist gerade aus einer Beziehung herausgekommen und stellst fest: "Es ist schon wieder passiert. Ich habe mich in einen Menschen verliebt, der mir nicht gut tut." Du fragst Dich verzweifelt, warum sich diese Muster immer wiederholen, obwohl Du Dir doch so fest vorgenommen hattest, diesmal alles anders zu machen.

Du bist nicht allein. Viele Menschen stecken in einer Schleife fest, in der sie sich immer wieder zu Partnern hingezogen fühlen, die ähnliche Eigenschaften haben – und mit denen sie letztendlich unglücklich werden. Was auf den ersten Blick wie ein grausamer Zufall erscheint, folgt tatsächlich einer tieferen Logik, die wir in diesem Artikel gemeinsam entschlüsseln werden.



Was steckt hinter der Anziehung zum "falschen" Partner?


Die Macht früher Bindungserfahrungen

Unsere Partnerwahl wird maßgeblich durch Erfahrungen geprägt, die wir in unseren ersten Lebensjahren gemacht haben. Diese frühen Bindungserfahrungen formen unsere Vorstellungen davon, wie Beziehungen funktionieren und was wir von anderen Menschen erwarten können.


Psychologen unterscheiden dabei vier grundlegende Bindungsmuster:


  • Sichere Bindung (ca. 55% der Menschen)
    Diese Menschen haben als Kind verlässliche Zuwendung erfahren und können später gesunde, stabile Beziehungen führen.


  • Unsicher-vermeidende Bindung (ca. 25%)
    Diese Menschen haben gelernt, ihre Bedürfnisse nach Nähe zu unterdrücken und setzen stark auf Unabhängigkeit.


  • Unsicher-ambivalente Bindung (ca. 15%)
    Diese Menschen sind ständig besorgt, verlassen zu werden und suchen übermäßig nach Bestätigung.


  • Desorganisierte Bindung (ca. 5%)
    Diese Menschen haben chaotische, oft traumatische Beziehungserfahrungen gemacht und schwanken zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und der Angst dav
    or.


"Was wir von einer Beziehung erwarten, wie selbstbewusst wir sind, wie wir unser Gegenüber wahrnehmen: All das lernen wir in den ersten Lebensjahren aus der Bindung an enge Bezugspersonen - zumeist der Eltern."


Das Vertraute suchen – selbst wenn es schmerzt

Ein Beispiel: Du bist mit einem emotional distanzierten Elternteil aufgewachsen. Als Kind hast Du damit erlebt und unbewußt gelernt, dass Liebe mit emotionaler Unverfügbarkeit einhergeht. So schmerzhaft diese Erfahrung für Dich als Kind auch war, sie wurde zu Deinem "Normalzustand". Als Erwachsener fühlst Du Dich nun unbewusst zu Menschen hingezogen, die ebenfalls emotional unzugänglich sind – nicht weil es Dir gut tut, sondern weil es sich so vertraut anfühlt.


Diese unbewusste Anziehung zum Vertrauten erklärt, warum wir oft in Beziehungen landen, die alten Mustern folgen – selbst wenn diese Muster uns schaden. Und das obwohl unser Verstand durchaus bemerkt, dass das ein unguter Partner für uns ist. Alleine diese unbewußte emotionale Bindungskraft ist erheblich stärker.


Typische Wiederholungsmuster in Beziehungen


Der "Retter" und die "zu Rettende"

Ein klassisches Muster ist das des "Retters", der sich zu Menschen hingezogen fühlt, die Hilfe zu brauchen scheinen. Dieses Muster entsteht oft bei Menschen, die als Kind gelernt haben, dass sie nur durch Fürsorge für Andere die Anerkennung bekommen, die sie sich wünschen. Sie suchen sich unbewusst Partner, die bedürftig erscheinen oder auch sind, und hoffen, durch deren "Rettung" selbst Wert zu erlangen.


Die Suche nach dem unerreichbaren Partner

Manche Menschen fühlen sich stets zu Partnern hingezogen, die emotional oder physisch unerreichbar sind – sei es durch räumliche Distanz, Bindungsangst oder die sich aktuell in einer Beziehungen befinden. Dieses Muster kann entstehen, wenn wir als Kind gelernt haben, dass Liebe etwas ist, wofür wir kämpfen müssen.


Der Tanz zwischen Nähe und Distanz

Ein weiteres häufiges Muster ist der "Tanz" zwischen einem nähesuchenden und einem distanzierten Partner. Dieses Muster entsteht oft, wenn ein Partner mit unsicher-ambivalenter Bindung auf einen Partner mit unsicher-vermeidender Bindung trifft. Je mehr der eine nach Nähe sucht, desto mehr zieht sich der andere zurück – ein Teufelskreis entsteht. Die deutlichste Ausprägung davon ist die klassische ON-OFF-Beziehung, bei denen man diese Dynamik sogar im Außen gut beobachten kann.



Warum wir unsere Muster nicht erkennen


Die Macht des Unbewussten

Das Tückische an diesen Mustern ist, dass sie größtenteils unbewusst ablaufen. Wir spüren zwar die Anziehung, können aber oft nicht erklären, warum wir uns zu bestimmten Menschen hingezogen fühlen. Die ersten Begegnungen sind geprägt von Hormonen und Aufregung, die unser rationales Denken überlagern.


Die Illusion der Andersartigkeit

Ein weiterer Grund, warum wir in alte Muster zurückfallen, ist die "Illusion der Andersartigkeit". Wir glauben fest daran, dass der neue Partner anders ist als die vorherigen – bis sich nach einiger Zeit die gleichen Probleme zeigen. Oft konzentrieren wir uns anfangs auf die Unterschiede und übersehen die entscheidenden Ähnlichkeiten.



Wie Du Deine Muster erkennen und durchbrechen kannst


Schritt 1: Bewusstwerdung durch Reflexion

Der erste Schritt zur Veränderung ist die Bewusstwerdung. Nimm Dir Zeit, Deine vergangenen Beziehungen zu reflektieren:

  • Welche Gemeinsamkeiten hatten Deine Partner?
  • Welche Probleme traten immer wieder auf?
  • Wie hast Du Dich in diesen Beziehungen gefühlt?
  • Welche Rolle hast Du selbst in diesen Beziehungen eingenommen?


Schritt 2: Verstehe Deine frühen Bindungserfahrungen

Um Deine Muster wirklich zu verstehen, ist es hilfreich, Deine frühen Bindungserfahrungen zu betrachten:

  • Wie war die Beziehung zu Deinen Eltern oder primären Bezugspersonen?
  • Wie wurde in Deiner Familie mit Nähe und Distanz umgegangen?
  • Welche Botschaften hast Du über Beziehungen mitbekommen?

Schritt 3: Entwickle ein neues Selbstbewusstsein

Ein gestärktes Selbstbewusstsein ist der Schlüssel, um alte Muster zu durchbrechen:

  • Lerne, Deine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu kommunizieren
  • Erkenne Deinen eigenen Wert, unabhängig von Deinen Beziehungen
  • Setze gesunde Grenzen und halte diese konsequent ein


Schritt 4: Übe neue Verhaltensweisen

Veränderung braucht Übung. Beginne damit, neue Verhaltensweisen zu etablieren:

  • Nimm Dir Zeit, potenzielle Partner kennenzulernen, bevor Du Dich emotional bindest
  • Achte auf "Red Flags" und nimm sie ernst
  • Suche bewusst nach Partnern mit gesunden Beziehungsmustern
  • Kommuniziere offen über Deine Bedürfnisse und Grenzen



Professionelle Unterstützung: Wann sie sinnvoll ist


In der Regel ist es eher schwierig, tief verwurzelte Muster allein zu durchbrechen. Zum Einen ist jeder von uns für sich selbst "betriebsblind", weil wir uns ja nur so kennen und zum Anderen versucht ein Teil in uns diese Veränderungen zu blockieren.  Professionelle Unterstützung ist dann der Schlüssel zur Veränderung.


Ein qualifiziertes Coaching oder eine Therapie kann Dir helfen:

  • Unbewusste Muster zu erkennen
  • Die Ursprünge dieser Muster zu verstehen
  • Neue, gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln
  • Alte emotionale Wunden zu heilen


Besonders wenn Du feststellst, dass sich Deine Beziehungsmuster trotz bewusster Bemühungen immer wieder wiederholen, kann professionelle Hilfe der entscheidende Schritt sein, denn es gibt sehr wirksame Techniken hierfür.

  • Bin ich beziehungsunfähig, wenn ich immer wieder in die gleichen Muster falle?

    Nein, Du bist nicht beziehungsunfähig. Wiederholende Muster sind ein Zeichen dafür, dass Du tiefgreifende, unbewusste Glaubenssätze und Verhaltensmuster hast, die Deine Partnerwahl beeinflussen. 


    Diese Muster können entdeckt, also ins Bewusstsein geholt und dort mit den richtige Werkzeugen aufgelöst werden.

  • Wie lange dauert es, bis ich meine Muster durchbrechen kann?

    Der Prozess ist individuell unterschiedlich. Die Bewusstwerdung kann schnell erfolgen, aber die tiefgreifende Veränderung von emotionalen Mustern braucht Zeit und Geduld. 


    Mit meinen Techniken und der konsequenten Anwendung rechne mit ca. einem Monat für die ersten sichtbaren  Ergebnisse. Eine dauerhafte, nachhaltige Veränderungen kann einige Monate benötigen - muß es aber nicht.

  • Kann ich überhaupt eine gesunde Beziehung führen, wenn ich aus einer dysfunktionalen Familie komme?

    Absolut! Viele Menschen aus schwierigen Familienverhältnissen führen glückliche, gesunde Beziehungen. 


    Wie tief ein Muster wirkt, ist nicht immer abhängig von von der "Heftigkeit" im Außen, als sie entstanden sind. Somit können oft genauso schnell wie Muster aus anderen "Umgebungen" aufgelöst werden.


    Der Schlüssel liegt unverändert darin, die eigenen Muster zu erkennen, zu verstehen und bewusst neue, gesündere Verhaltensweisen zu entwickeln.

  • Wie erkenne ich, ob mein aktueller Partner wieder "der Falsche" ist?

    Achte auf folgende Anzeichen:

    • Tauchen bekannte Probleme aus früheren Beziehungen wiederholt auf?
    • Findest Du Dich immer wieder in bekannten Rollen wieder (z.B. als Retter, als Versorger, als Hilfloser, als Ausgenutzer, als Betrogener)?
    • Werden Deine Bedürfnisse in der Beziehung erfüllt?
    • Ist Deine Partnerschaft in Bezug auf Geben und Nehmen ausgeglichen?
    • Erinnert Dich Dein Partner ( Verhalten, Energie) an jemand aus Deiner Kindheit?

Fazit: Der Weg zu gesunden Beziehungsmustern


Die Erkenntnis, dass wir uns immer wieder in die "Falschen" verlieben, kann schmerzhaft sein – aber sie ist auch der erste Schritt zur Veränderung. Indem Du Deine Muster erkennst, ihre Ursprünge verstehst und aktiv an ihrer Veränderung arbeitest, öffnest Du den Weg für neue, erfüllendere Beziehungen.


Der Prozess braucht Zeit und manchmal professionelle Unterstützung, aber er lohnt sich. Denn am Ende steht die Möglichkeit, eine Beziehung zu führen, die nicht von unbewussten Mustern, sondern von bewussten Entscheidungen geprägt ist – eine Beziehung, in der Du Dich sicher, geliebt und verstanden fühlst.


Bist Du bereit, Deine Muster zu durchbrechen und den Weg zu einer erfüllenden Partnerschaft einzuschlagen? Der erste Schritt ist, Dir selbst gegenüber ehrlich zu sein und anzuerkennen, wo Du stehst. Der zweite Schritt könnte ein kostenloses Erstgespräch sein, in dem wir gemeinsam erkunden, wie ich Dich auf diesem Weg unterstützen kann.


Über den Autor:
Ingo Göbel ist Beziehungscoach mit langjähriger Erfahrung in der Begleitung von Menschen auf ihrem Weg zu erfüllenden Partnerschaften. Mit seinem Hintergrund in Psychologie und als Transformationstherapeut verbindet er tiefes Verständnis mit praktischen Lösungsansätzen. Seine eigene Reise durch Beziehungsmuster hat ihn zu seiner Berufung geführt, anderen auf diesem Weg zu helfen.


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